1/12
von Nina Wenhart
swipe up

Uncomfortable Clothes

Fashion & Technology ist ein ungewöhnliches Studium.
Zum einen setzt es einen Schwerpunkt auf zeitgenössisches Modedesign. Hinzu kommt, wie der Name schon sagt, ein technologischer Aspekt.
Technologie wird jedoch nicht nur als Werkzeug für die Produktion betrachtet, sondern auch und ebenso wichtig als Denkwerkzeug.
Als Werkzeug, um über das System Mode zu reflektieren wie auch über die Gesellschaft, die dieses System ermöglicht und auch darüber, wie dieses System innerhalb der Gesellschaft, die es hervorbringt, verändert werden kann.

Technologie soll uns nicht einfach nur effizienter machen. Es sollte unsere Fantasie nicht töten.
Im Gegenteil, sie kann eingesetzt werden, um unsere kritisch-reflexiven Fähigkeiten zu erweitern und Mode über eine bloße Hülle des Körpers hinaus zu denken.
Technologie kann Inspiration dafür sein, Mode mit scheinbar nicht zusammenhängenden Bereichen zu kreuzen.

In den mittlerweile sechs Jahren seit Bestehen des Programms haben wir gesehen, dass dieses Konzept funktioniert, dass unsere Studierenden neue Wege in der Mode einschlagen und eigene Techniken oder Materialien erfinden.
Dieser breite Ansatz spiegelt sich auch in der Zusammensetzung unseres Teams wieder, in dem Expert*innen aus allen Bereichen der Mode, Programmierer*innen, Industriedesigner*innen, Künstler*innen, Chemiker*innen und Kulturwissenschaftler*innen gleichberechtigt zusammen arbeiten.

Als Lehrende ist es mir wichtig, dass die Studierenden nicht nur ihre mechanischen Fertigkeiten trainieren, sondern auch ihre kritisch-reflexiven Fähigkeiten.
So zeige ich ihnen, wie Künstler*innen, Autor*innen, Musiker*innen und Aktivist*innen Themen adressieren und gesellschaftliche Probleme aufgreifen.
Durch Beispiele außerhalb des Modeuniversums möchte ich ihnen beibringen, die Welt, die uns umgibt, aus verschiedenen Perspektiven zu sehen, wahrzunehmen und miteinander zu verbinden.
Ich möchte, dass sie strukturelle Probleme erkennen, die so sehr akzeptiert werden, dass sie beinahe unsichtbar geworden sind.
Wir diskutieren darüber, wie Mode dazu neigt, stark normativ und reduzierend zu wirken und wie sie nur allzu oft das Leben und die Möglichkeiten anderer Menschen einschränkt.

Vor diesem Hintergrund entstand „Uncomfortable Clothes“.

Wenn Sie an Kleidung denken, ist wohl das Letzte, das Sie wollen, dass sie unbequem ist. Und doch ist es in einer Fast-Fashion-Welt schwierig geworden, Kleidungsstücke zu finden, die es nicht sind:
Kleider werden von Kindern genäht,
Die Arbeitsbedingungen der Modearbeiter*innen sind unmenschlich.
Textilfarben verschmutzen und vergiften Flüsse und Wasserreserven.
Mode bestimmt, wie unsere Körper auszusehen haben.
Technologien diskriminieren nach bestimmten Hautfarben.

An all das haben wir uns gewöhnt und akzeptieren stillschweigend all die Ungerechtigkeiten, die damit einhergehen.

Als zweite Haut fungiert Kleidung als Membran zwischen uns und den unbequemen Wahrheiten, den ungeschriebenen Bedingungen dieser westlich zentrierten "Zivilisation".
Mode implementiert und bejaht nicht-nachhaltige Bedingungen.
So sehr Mode auch unterdrückend sein kann, kann sie ebenso befreiende Kraft entfalten.
Ein Zeichen des Protests sein.
Ein Symbol für Gewissen und Bewusstsein.

Ich habe es schon zuvor erwähnt: Wir möchten, dass unsere Studierenden lernen, hinzusehen und sich den Problemen zu stellen, die offen vor uns liegen oder sich im Quellcode eines Programms verbergen.
Wir wollen ihnen beibringen, wie sie mit dem System, in dem sie arbeiten, umgehen und es von innen heraus transformieren können.
Wir wollen ihnen die Werkzeuge für kreativen Ungehorsam, für spielerischen Widerstand, für Anders-Denken und -Handeln an die Hand geben.

Zu Beginn habe ich behauptet, dass niemand gerne unbequeme Kleidung trägt,
Jetzt würde ich diese Aussage gern adaptieren und behaupten, Mode muss noch unbequemer werden,
sie muss die unbequemen Wahrheiten ansprechen
und unbequeme Fragen stellen.

Um Antworten auf diese Fragen zu finden, bringt Uncomfortable Clothes unterschiedliche Perspektiven und Stimmen von und um Mode zusammen.
Wir haben Feminist*innen, Aktivist*innen, Hacktivist*innen, Künstler*innen, Designer*innen, Modetheoretiker*innen, analoge und virtuelle Persönlichkeiten eingeladen. In dieser Publikation sind sie alle vereint und um Beiträge aus unserem Studium ergänzt.

Nina Wenhart ist Medienkunsthistorikerin und Assistenzprofessorin bei Fashion & Technology an der Kunstuniversität Linz.

lesen sie mehr

Nina Wenhart ist Medienkunsthistorikerin und Assistenzprofessorin bei Fashion & Technology an der Kunstuniversität Linz.Sie forscht und lehrt an den Schnittstellen von digitalen und analogen Kulturen mit Schwerpunkt auf Gender und Diversität sowie Im/Materialität. Ihre laufende PhD-Arbeit beschäftigt sich mit dem Thema „Spekulatives Archivieren von digitaler Kunst“.

VERWENDETES BILDMATERIAL

1/12
ANMERKUNGEN UNSERER LESER_INNEN
Danke für Ihr Statement! Anmerkung hinzufügen
Ihre Anmerkung

Wir achten auf die Netiquette!
Vor Freischaltung Ihrer Anmerkung wird diese noch von der Redaktion gelesen und freigegeben.

Bitte hinterlassen Sie eine Anmerkung.
About
123/123

Inhalt #4 ?
EN

Anmelden

Um Artikel zu kommentieren müssen Sie registriert sein. Nur Kommentare von angemeldeten LeserInnen können berücksichtigt werden.

Registrieren

Um Artikel kommentieren zu können, ersuchen wir Sie um Ihre Registrierung.
Ihre Daten werden selbstverständlich vertraulich behandelt, nicht für Werbezwecke verwendet oder an Dritte weitergegeben.

Passwort vergessen

Passwort vergessen?

Sie haben Ihr Passwort vergessen? Kein Problem, nach Eingabe Ihrer Email Adresse übermitteln wir Ihnen ein neues Passwort.

Ihre Emailadresse ist uns leider nicht bekannt.

Es wurde ein neues Passwort an Ihre E-Mail Adresse gesendet.

Profil

Ihre Einstellungen

Die Änderungen wurden gespeichert.

Hilfe
^ swipe up

Turn & Play!

Menü

Swipe zum nächsten Artikel

Scroll down um zu lesen


Lesen



Wischen Sie horizontal mit einem Finger um von Artikel zu Artikel zu gelangen.

Innerhalb eines Artikels bewegen Sie sich von oben nach unten.

Tippen Sie auf den Button "Inhalt" um die Inhaltsvorschau anzuzeigen.

In der vertikalen Version können sie den Spaltenfokus verändern indem sie auf die jeweilige Spalte tippen. In der linken Spalte können Sie den Arti- kel bequem lesen, die rechte Spalte bietet Ihnen zusätzliche Inhalte.

Die Vorschaubilder der rechten Spalte können vergrößert werden, indem Sie auf das Vorschaubild tippen.

Bei splace handelt es sich um zwei Magazine in einem: Je nachdem, ob das Tablet senkrecht oder waagrecht gehalten wird, eröffnen sich unterschiedliche Versionen der Beiträge. Die vertikale Variante lädt Sie ein Artikel zu unterschiedlichen Aspekten des Raums zu lesen und ihr Wissen zu vertiefen. Die horizontale